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Obwohl
die althergebrachte Sumolehre sagte, dass der Erfolg eines Sumotori
davon abhing, während seiner Karriere ständig an Gewicht
zuzulegen, war Konishiki nicht gerade ein ideal geformter Rikishi. Zum
ersten Mal überdachte ein Sport, dessen Stolz die Größe
seiner Wettbewerber ist, ob es ein optimales oder maximales Gewicht
für Sumotori geben sollte – oder zumindest für einen Yokozuna. Die historischen Vorfälle Am 24. März 1992, zwei Tage nach Konishikis Gemetzel gegen Kirishima, hielt das YDC sein vermutlich berühmtestes Treffen ab. Danach ging der Vorsitzende, Ueda Hideo, an die Medien und verkündete die so wichtige Entscheidung zu Konishiki. „Wir wollten doppelt sichergehen, dass Konishiki ein würdiger Großmeister ist,“ enthüllte Ueda. „Deshalb entschieden wir, ein weiteres Turnier abzuwarten.“ Diese Worte durchbohrten Konishikis pochendes Herz. Trotzdem dass er zwei der letzten drei Turnier gewonnen hatte und 38 Siege in diesen Basho angehäuft hatte, würde er 13 weitere Gegner schlagen müssen, um seinen Traum vom Yokozuna-Rang zu verwirklichen. Redakteure der amerikanischen Presse waren außer sich, tobten und beschuldigten das YDC wegen diesem offenkundigen Anti-Amerikanismus. Der Volkswirt Louis LeClerc zitierte in seinem Tadel, dass die japanischen Regierung seine Firmen vor amerikanischer Konkurrenz „auf unfaire Weise“ schütze, Konishikis Nichtbeförderung als Beispiel. Kritiker in den Staaten wurden zusätzlich angestachelt von den Eskapaden von Kojima Noboru, dem YDC-Mitglied und Schreiber mit |
hurrapatriotischem
Ruf. In einem Interview kurz nach dem Treffen des YDC merkte Kojima an,
dass der riesige Hawaiianer nicht „Hinkaku“ besäße, ein
Wort, dass von „Hin“ abstammt, der japanischen Übersetzung von
„Anmut, Eleganz und Vornehmheit“. Ein nationalistischer Redakteur goss
dann zusätzlich Öl ins Feuer, als er seinen Artikel unter die
Überschrift „Wir brauchen keinen ausländischen Yokozuna“
setzte. Als wäre Konishikis Vorbereitung nicht schon genug gestört gewesen, nahmen die Dinge am 20. April eine noch schlimmere Form an. Die Nihon Keizai Shimbun, Japans führende Finanzzeitschrift, druckte ein Zitat Konishikis, in dem er vermutete, dass ihm die Befördung wegen „Diskriminierung“ verweigert wurde. Fast zeitgleich behauptete die New York Times, dass Konishiki das folgende gesagt hätte: „Wenn ich Japaner wäre, wäre ich schon Yokozuna.“ Nun war es am Sumoverband (NSK), Verärgerung zu zeigen. Bei einer wütenden Einbestellung des 250-Kilogramm-Hawaiianer verlangte der NSK eine Erklärung für diesen deutlichen Wutausbruch. Der umfangreiche Ozeki war verstört und bestand darauf, dass seine Worte „misinterpretiert“ wurden. Nachdem ihn sein Arbeitgeber eindringlich warnte, „bescheidener zu sein“, nahm Konishiki an einer Pressekonferenz teil, in der er unter Tränen verneinte, dass er die Aussagen getätigt hatte, die ihm zugeschrieben wurden. Da sich dieser Vorfall in eine Farce entwickelte, in der sich der japanische Außenminister und dann der Premierminister einschalteten, wurde Konishikis Selbstwertgefühl irreparabel beschädigt. Zwei Wochen vor dem wichtigsten Turnier in seinem Leben war er mental nicht |
in der Lage, in diesem anzutreten. Die wirkliche Erklärung Es ist die allgemeine Meinung in der Sumowelt, dass Konishiki vermutlich nicht für diese „Zitate“ in den Zeitungen verantwortlich ist. Es wäre unmöglich für eine Zeitung – allen voran ein nichtjapanisches Druckwerk – einen Ozeki am Telefon zu befragen, wie es die New York Times behauptet hatte. Die NYT müsste etwas mehr als das versuchen, um jemanden von solcher Wichtigkeit in der Sumowelt zu interviewen. Es scheint, dass Konishikis Version der Vorfälle korrekt ist; nametlich, dass ein hawaiianischer Rekrut die Interviews in seinem Namen beantwortete. Man kann nur vermuten, dass der naive Rekrut den Journalisten einige schwerwiegende Fragen beantwortet hatte, die geeignet dazu waren, Unfrieden zu stiften, und geschockt war, als er herausfand, wie seine Aussagen verdreht wurden. Der wirkliche Hintergrund Die frühen 1990er Jahre waren Zeiten des gegenseitgen Misstrauens zwischen Japan und Amerika, nicht zuletzt weil zweitere den wirtschaftlichen Aufsteig der ersteren fürchteten und es bedauerten, sie in den 1940er Jahren subventioniert zu haben. Sozialkommentatoren beider Länder zeigten mit dem Finger auf die anderen und Vorfälle die wie Konishiki-Affäre boten den idealen Grund für einen intelektuellen Streit. Aber unter den Überschriften der Boulevardblätter vollzog das Sumo eine tiefgreifende identitätsbildende Übung. Kojimas Kommentare über Hinkaku waren sicherlich brandstifterisch, aber waren nicht asdrücklich darauf bedacht, Rassenunterschiede
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