Dewagatake Bunjiro
von Joe Kuroda


Im Tomioka Hachimangu-Schrein im Bezirk Koto in Tokyo steht das bekannte Yokozuna Memorial Monument, das vom 12. Yokozuna Jinmaku Kyugoro (1829-1903) errichtet wurde. Jinmaku ritzte alle bekannten Yokozuna-Namen von Akashi Shiganosuke bis zu seiner Zeit hinein, und heute stehen alle Namen bis zum 45. Yokozuna Wakanohana Kanji darauf (es gibt auch einen neuen Stein, der mit dem 46. Yokozuna Asashio Taro III beginnt).

Es gibt andere Monumente, die den Yokozuna-Stein umgeben. Ein Ozeki-Monument, ein Tegata-Monument und dann noch das Monument der riesigen Rikishi. Auf diesem Stein stehen legendäre großgewachsene Rikishi. Einer ist Shakagadake Kumoemon (1749-1775), der 226 cm groß war. Ein anderer ist Ikezuki Geitazaemon (1828-1850), der angeblich 230 cm groß war (plus/minus ein paar Zentimeter).

Unter einer Gruppe von riesigen Rikishi über 200 cm ist der Name eines Rikishi der Showa-Ära (1926-1989) vermerkt. Sein Name ist Dewagatake Bunjiro, der 206 cm groß und bis zu 200 kg schwer war. In Japan war zu dieser Zeit niemand so groß und schwer wie Dewagatake, und seine Größe bestimmte letztendlich sein Schicksal. Glücklicherweise für das Ozumo betrat er die Bühne zu einem Zeitpunkt, als die Popularität des Sumo an einem Allzeit-Tief angelangt war. Er wurde der Retter, da dieser freundliche Riese die Phantasie der gesamten japanischen Öffentlichkeit anregte. Aber unglücklicherweise musste Dewagatake einem Pfad folgen, den andere für ihn gebaut hatten. Er war ein Riese, aber zu freundlich, um in einem Kampfsport wie Sumo wirklich erfolgreich zu sein.

Bunjiro Sato wurde am 20. Dezember 1902 in der heutigen Kaminoyama City in der Präfektur Yamagata geboren (manche Quellen nennen 1901 als sein Geburtsjahr). Als Kind wurde er als Lehrling an verschiedene Orte geschickt, musste aber immer wieder zurück, da er zu groß war, um zu irgendetwas nützlich zu sein. Er wurde schließlich von einem Gehirnchirurgen, Kiichi Saito, aufgenommen, der ein Krankenhaus in Tokyo leitete. Kiichi adoptierte auch einen bekannten Dichter, Mokichi Saito, der auch das Krankenhaus erbte.

Bunjiro tat sich bei seinen Studien an der exklusiven Aoyama Gakiun Middle School hervor und hatte den Traum, Kinderarzt zu werden und für seinen Adoptivvater zu arbeiten. Zu der Zeit war Bunjiro schon über 180 cm groß und wog 100 kg. Wie man sich leicht vorstellen kann, wurde er bald von der Sumowelt entdeckt. Besonders der damalige Dewanoumi-Oyakata (der 19. Yokozuna Hitachiyama Taniemon) war so begeistert von der Idee, dass Bunjiro seinem Stall beitreten könnte, dass Bunjiro schließlich nachgab und die Schule schmiss.

Im Gegensatz zu anderen Jungen, die einem Heya beitraten, hatte Bunjiro niemals körperlich wirklich schwer gearbeitet und war nicht so stark wie andere Rekruten. Zu Beginn zerbröselte Bunjiro schon beim Tachiai, wenn er von neuen Rekruten getroffen wurde, die viel kleiner waren als er. Aber bald lernte er, seinen riesigen Körperbau zu seinem Vorteil zu nutzen. Er schlang seine langen Arme um die Körper seiner Gegner und quetsche sie, bevor er sie mit Kotenage aus dem Ring beförderte. Er lernte auch, mit Sabaori umzugehen, indem er das Gewicht seines Oberkörpers auf seine Gegner legte, bis deren Knie nachgaben. Das war extrem gefährlich, da kleineren Gegner leicht das Rückgrat brechen konnte. Innerhalb kürzester Zeit wurde er einer der gefürchtesten Gegner während eines Basho oder im Training.

Im Januar 1925 wurde er endlich in die Makuuchi befördert. Er brauchte acht lange Jahre, um in die höchste Division zu gelangen, seitdem er als Dewagatake im Mai 1917 gestartet war, aber einmal in der Makuuchi angekommen, kletterte er schnell die Banzuke hinauf. Innerhalb drei Basho wurde er im Januar 1926 zum Sekiwake befördert.

Im darauffolgenden Basho im Mai 1926 besiegte er am vierten Tag Ozeki Tachihikari mit Abisetaoshi am Rand des Dohyo. Tachihikari wurde vom Gewicht von Dewagatakes Oberkörper so zu Boden gedrückt, dass er kampfunfähig auf einer Trage hinausgetragen werden musste. Es war das letzte Mal, dass Tachihikari im Ring kämpfte, da er sich Rücken und Beine schwer verletzte und sich nie mehr ganz davon erholen konnte.

Am nächsten Tag traf Dewagatake auf Yokozuna Nishinoumi, der genau wusste, was am Vortag passiert war. Wenn der Yokozuna Angst hatte, dann zeigte er er nicht, denn der Kampf wurde lebhaft, als Dewagatake sein Lieblings-Sabaori auspackte und den Yokozuna wiederholt mit Kotenage herumwirbelte. Dewagatake beendete den Kampf erneut mit seinem Körpergewicht und gewann mit Abisetaoshi. Obwohl Dewagatake nur Komusubi war, waren die Sumofans aus dem Häuschen; sie dachten, die Geburtsstunde eines neuen Ozeki zu erleben, da er Ozeki und Yokozuna in Folge geschlagen hatte.

Am sechsten Tag war Sekiwake Noshirogata (der nach diesem Basho zum Ozeki befördert wurde) sein Gegner. Noshirogata setzte schnell Morozashi an, Dewagatake konterte mit Tsuri und seinem geliebten Kotenage. Noshirogata brachte seinen Körper nahe an Dewagatake, hakte sein Bein um Dewagatake und dieser verlor die Balance, fiel hart auf den Dohyo und schlug mit seinen Knien und unterem Rücken auf dem Boden auf. Die Verletzungen stellten sich als ziemlich ernst heraus, und Dewagatake musste sich aus dem Basho zurückziehen. Diese Verletzung signalisierte den Anfang von Dewagakates Ende, obwohl er voll genesen am nächsten Basho wieder teilnahm.

Dewagatake blieb von 1926 bis 1928 Sanyaku in zehn Basho, aber wegen Kniegelenksproblemen fiel er in die Hiramaku-Ränge zurück und konnte nie wieder einen Sanyaku-Rang erreichen.

Während dieser Zeit war Dewagatake trotz seines relativ niedrigen Rangs einer der populärsten Rikishi im Ozumo, der ganz allein den Sumoverband rettete, da die Fans kamen, um ihn zu sehen und seinen Spitznamen, "Bun-chan", zu rufen. In einer Zeit, in der die Größe des durchschnittlichen japanischen Mannes unter 160 cm war, ragte Dewagatake aus der Menge hervor, aber es war seine Tapsigkeit im Ring, die den Zuschauern so viel Freude bereitete. Es war so ähnlich, wie Takamisakaris Bewegungen zuzusehen.

Während des Shujuen-Vorfalls im Januar 1932, als unter Führung von Tenryu Rikishi des Dewanoumi-Beya nach einem Streit über Vergütung und verbesserte Lebensumstände im Heya das Kyokai verließen, wurde Dewagatake gezwungen, mitzugehen, da er Mitglied des Heya war. Aber sein Engagement in dieser Sache war halbherzig, und er weigerte sich, seinen Mage als symbolische Geste abzuschneiden, so wie es die anderen weggegangenen Rikishi getan hatten. Dewagatake war der erste Rikishi unter den Abtrünnigen, der einige Monate später unter die Fittiche des Kyokai zurückkehrte. Obwohl die meisten Rikishi innerhalb eines Jahres zum Kyokai zurückkamen, sahen viele in Dewagatakes früher Rückkehr den Hauptgrund für den Zusammenbruch des von Tenryu neu gegründeten Sumoverbandes. Dewagatake verlor nach diesem Vorfall die Unterstützung seiner Kollegen und verursachte später weiteren Kummer, als er am Boden war und getreten wurde.

Dewagatake fehlte es einfach an den Fähigkeiten und der geschliffenen Kampfführung, die man braucht, um Ozeki zu werden. Er war mental nicht konkurrenzfähig und nie genug angestrengt. Tatsächlich war das einzige, was für ihn sprach, sein großer Körperbau und das Stoppen seiner Gegner mit seinen langen Armen. Aber sogar mit diesem Vorteil konnte er nicht gegen stärkere und technisch fähigere Gegner bestehen. Und als seine Bandscheibenverletzung begann, war ein für niemanden mehr ein ernstzunehmender Gegner.

Seines letztes Makuuchi-Basho war im Januar 1935, und die nächsten vier Jahre bis zu seinem offiziellen Rücktritt im Mai 1939 war sein Leben auf dem Dohyo nichts als Elend, da er bis in die Sandanme zurückfiel. Er wurde ein ehemaliger Sekiwake, der nicht einmal mehr Sandanme-Rikishi schlagen konnte. Im Mai 1938 fiel er auf Sandanme 11 Ost und wurde Maegashira 9 Dewaminato als Tsukebito zugeteilt.

"Hey, warum arbeite ich als Tsukebito für Dewaminato? Warum?" beklagte sich Dewagatake lauthals bei allen, aber sie alle kannten die Regeln im Sumo, wo der Rang auf der Banzuke den Stand im Heya bestimmt. Tatsächlich waren alle müde von seinem Geheule und dem belanglosen Gezeter. Als Dewaminato dem Heya beitrat, war Dewagatake ein Sanyaku, und nun konnte er der neuen Realität nicht ins Auge sehen.

Zu dieser Zeit war Dewagatakes Leben im Heya unerträglich geworden. Sogar niederrangige Rikishi fragten laut, wann Dewagatake endlich aufhören würde. Es gab sogar ein Badezimmer im Heya, auf dessen Tür "Dewagatake muss draußen bleiben" stand. Trotz seines massigen Körperbaus war Dewagatake ein feinfühliger Mann mit einer Vielzahl von Hobbys wie Billard, Fotographieren und Angeln. Er liebte auch Blumen und Vögel. Er hatte sogar einen kleinen Vogel, den er in einem Käfig aufzog. Eines Tages kam er zurück und musste feststellen, dass der Vogel samt Käfig in den nahen Sumida-Fluss geworfen worden war.

Im Heya wurde er behandelt, als wäre er nur eine überflüssige Last und ein blinder Passagier, den alle am liebsten losgeworden wären. Die einzige Person im Heya, die etwas für ihn übrig hatte, war eine Frau namens Otoyo, die bei der Verwaltung des Heya half. "Sogar ein Mann wie er hat seinen Stolz. Er will zurück in die Juryo und dann abtreten. Ich bedauere Rikishi, die auf der Banzuke nach unten sinken", sagte Otoyo einmal.

Dewagatake hatte sechs Siege und zwei Niederlagen in diesem Basho. Das darauffolgende Januar Basho 1939 beendete er als Makushita 25 mit 4-3. Er kletterte im nächsten Basho (Mai 1939) auf Makushita 10, brach dann aber mit einem 1-5-1 komplett ein. Er erkannte endlich, dass er körperlich und mental am Ende war. Er gab seinen Rücktritt bekannt und übernahm die Tagonoura-Kabu. Dewagataka war 36 Jahre alt. Bald heiratete er die einzige Person, die sich um ihn kümmerte, die Dame aus dem Dewanoumi-Beya, Otoyo.

Nachdem er 1948 das Kyokai verlassen hatte, eröffnete er ein Barbecue-Restaurant und einen Blumenladen in der Nähe des Koiwa-Bahnhofs in Tokyo, wo die Statue von Yokozuna Tochinishiki steht. Es war eine viel zu kurze Ruhephase für Dewagatake, da er innerhalb von zwei Jahren am 9. Juni 1950 starb. Er wurde nur 47 Jahre alt.


Legendäre große Rikishi

1.    Ikezuki Geitazaemon (1827 -1850), Haridashi Maegashira, Tamagaki-Beya,  230 cm, 169 kg
2.    Ozora Takezaemon (1827 - ?), keine Sumo-Daten überliefert, 227 cm, 146 kg
3.    Shakagadake Kumouemon (1749 - 1775), Ozeki (23 Siege - 3 Niederlagen - 1 Unentschieden - 1 Kampfabbruch), 226 cm, 172 kg
4.    Ryumon Kougoro (1820? - ?), Haridashi Maegashira, Jinmaku-Beya, 226 cm, 169 kg
5.    Mitsuo Fudoiwa (1924-1964), Sekiwake, Tokitsukaze-Beya; 214 cm, 126 kg

(Der erste Yokozuna Akashi Shiganosuke soll 252 cm groß gewesen und 184 kg gewogen haben, aber seine Existenz ist nicht bewiesen.)



Dewagatake Bunjiro

Geburtsdatum: 20. Dezember 1902 (vielleicht auch schon 1901)
Name: Geboren als Sato Bunjiro (adoptiert als Saito Bunjiro)
Heya:
Dewanoumi
Dohyo-Debut:
May 1917
Juryo-Debut: 
January 1922
Makuuchi-Debut:
January 1925
Letzter Basho:
May 1939
Höchster Rang:
Sekiwake
Größe: 
206 cm
Gewicht:
195 kg
Techniken:
Tsuppari, Migi-yotsu, Kote-nage, Saba-ori
Gestorben:
9. Juni 1950 (47 Jahre)
Toshiyori:: Tagonoura

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