Heya Peek -
Shikoroyama-beya

von Chris Gould



Chris Gould berichtet aus der Heimat eines der schnellsten steigenden Sterne des Sumo und trifft eine Sumolegende, die gerne die Rolle des jugendlichen Stallmeisters ausfüllt.


Shikoroyama-Beya ist der letzte Zuwachs der blühenden Heya-Gemeinde im Kiyosumi-Bezirk in Tokyo. Die neu errichteten roten Ziegelwände und blitzenden grünen Türen können knapp zwei Minuten vom Kiyosumi-Shirakawa-U-Bahnhof entfernt gefunden werden und liegen etwa 100 Meter neben zwei prestigeträchtigen Heya, die mit großen Yokozuna in Verbindung gebracht werden: Kitanoumi und Otake (ehemals Taiho).

An zwei aufeinanderfolgenden Morgen während des Hatsu Basho 2007 erlaubte Shikoroyama-Beya zwei Dingen, einem ins Auge zu fallen. Das eine war die Duldung von Besuchern, insbesondere von meiner Gaijin-Sorte. Obwohl die Haupttüren des Heya um 7 Uhr morgens geschlossen wurden, war keine Reservierung im Voraus nötig, um dem Asageiko beizuwohnen. Solange die Deshi das höfliche Klopfen an der Tür oder – wie in meinem Fall – einen nervös vor der falschen Tür stehend sahen, wurde man garantiert hereingebeten.

Die zweite bemerkenswerte Eigenschaft von Shikoroyama betraf etwas greifbareres: Gewichte. Der Kraftraum des Heya im ersten Stock konnte von der Straße gut eingesehen werden, die Vorhänge waren stolz hochgezogen zum Gefallen der vorbeilaufenden Passanten. Nach dem Betreten des Trainingsbereichs war es sofort klar, das die Besessenheit von Gewichten sich auch ins Erdgeschoss verbreitet hatte. Von den fünf Heya, die ich besuchte, war Shikoroyama der einzige, in dem nach dem Keiko nie die Gewichte weggeräumt wurden. Sie waren da, warteten von früh bis spät rechts neben dem Haupteingang, immer in den Gedanken der Deshi, die sie ganz offensichtlich auch benutzen sollten.

Die dauerne Präsenz dieser schweren Metallobjekte kann Shikoroyama-Oyakata zugeschrieben werden. In seinem ersten Leben als Leichtgewicht Terao musste er sich mehr als die meisten auf das Gewichtheben verlassen, um in der obersten Division des Sumo zu überleben. Es ist verständlicherweise versessen darauf, dass die Rekruten unter seiner Führung, und besonders die leichteren, die Gelegenheit zum Gewichtheben so aktiv nutzen, wie er es tat. Nach dem, was man hört, haben seine Deshi die Nachricht verstanden.

Shikoroyama sieht gesund aus für einen Mann von 43 Jahren. Sein Haar ist dicht und behält eine natürliche, dunkle Farbe, und er leidet nicht an dem seltsamen Hinken, das viele Sumotori seiner Generation befallen hat. Sein schneller Schritt die Treppe herab und anschließender Marsch zum Zabuton ist symbolisch für die positive Energie, die mit der Verwandlung von einem maroden Sekitori in einen relativ jugendlichen Oyakata kommt. Mit ausgelassenem neuem Schwung kümmert er sich sehr leidenschaftlich um seine Truppe und hat sich mit der mysteriösen Krankheit, die Oyakata veranlasst, während eines Turniers die Trainigseinheiten weniger eifrig zu beoachten, noch nicht angesteckt.

Die Deshi schätzen und fürchten sichtbar die Mengen von Aufmerksamkeit, die von ihrem Oyakata kommen, und werden ständig zu einer löblichen Arbeitseinstellung angehalten. Während in einigen Heya mehrere Deshi herumstehen und ihre Erinnerungen an die wichtigsten Kämpfe teilen, bis die Sandalen des Oyakata zu hören sind, beginnen die sympathischen Shikoroyama-Jungs punkt sieben Uhr mit ernsthaftem Training, auch in Abwesenheit ihres Oyakata.

Am ersten Morgen, an dem ich zu Gast war, trainierten acht Jonidan-Sumotori mit einem einzelnen Sandanme, und sie begannen mit Dehnübungen für den unteren Rückbereich, die Schultern, die Arme und den Nacken, jede durchgezählt bis zehn. Die Sumotori führten diese Übungen in einer Aufstellung von drei Reihen zu je drei Ringern aus. Um ihr Zusammengehörigkeitsgefühl und die Bewusstheit zu unterstreichen, hatten sie ein Formalsystem für das Zählen bis zehn eingeführt. Der vordere rechte Deshi, der schlanke Teraomaru mit dem hübschen Gesicht, führte den ersten Zählvorgang durch und gab dann an den vorne in der Mitte weiter. Dieser gab dann an den vorne links weiter, der dann an in der Mitte links, dann an Mitte-Mitte, Mitte-rechts usw.

Diese Prozedur wurde glattweg durchgeführt und war in weniger als einer Minute vorbei. Es folgte Dehnungen von Oberschenkeln und Waden, was zwangsläufig in Shiko-Stampfen mündete. Diese Mal zählte meistens der 20-jährige Teraomaru. Nachdem er "15" erreichte, wurde das Shiko dramatisch unkoordinierter; das kollektive Aufstampfen der Füße auf dem Boden, das frühere Zahlen begleitet hatte, wich einem plätschernden sanften Aufsetzen der Füße. Teraomaru, wissend das nicht alles in Ordnung war, blickte über die Schulter, um das Problem zu finden. Er sah, dass die zwei jüngsten Sumotori – deren Beine rot wurden – nur noch bei den ungeraden Zahlen stampfen, und einige erfahrerene Kollegen es nur noch bei – oder zwischen – zufälligen Zahlen ihrer Wahl taten. Er sagte aber nichts, und führte die verschiedenen Shiko-Stile bis 30 weiter. Ein größerer und etwas jüngerer Deshi übernahm dann die Kontrolle in der Übung und führte seine Kollegen zum 50. Aufstampfen, ein Meilenstein, der mit tiefem Keuchen aus vielen Kehlen begrüßt wurde.

Nachdem die Klimaanlage, die in Sturmstärke blies, sie wieder abgekühlt hatte, verbrachten die Rikishi eine Zeitlang mit Kniebeugen, um ihre Oberschenkelmuskeln zu stärken. Das Zählen kam von einem mageren, aber stimmlich guten Anwärter, dessen tiefe Stimme im Gegensatz zur Jugendlichkeit seines Gesichts stand. Noch nicht einmal 16 Jahre alt, war er dem Heya erst in den letzten paar Wochen beigetreten. Neben ihm stand sein bester Freund im Sumo, ein 15-jähriger, der viel runder und mit dickeren Wangen war, aber genauso unerfahren, was Schmerzen anging. Seine fast brechende Stimme hatte einen angenehmen Klang, der in starkem Kontrast zu dem tiefen, heiseren Keuchen stand, das er hin und wieder ausstieß. Die beiden Neulinge hatten absolut keine Narben, und ihre naiven, unsicheren Gesichter schienen, als wären sie hoffnungslos unvorbereitet darauf, welche zu bekommen. Ihre Haut schien so weich zu sein, dass man sie automatisch in Wolle eingepacken wollte. Ich zucke immer noch beim Gedanken daran zusammen, dass sie sich weh tun, vielleicht während ihres ersten Matawari. Aber wenn sie hinter ihrem verletzlichen Äußeren mentale Härte besitzen, werden sie sich irgendwie wie die älteren Ringer neben ihnen entwickeln, die nette Gesichter haben, aber auch vernarbte Füße, blaue Flecken am Becken, bandagierte Zehen und schuppige Füße.

Dreißig Kniebeugen später beschlossen die Ringer, einige Oshi (Schiebe)-Bewegungen in ihre Routine einzubauen, und warfen nach jeder Kniebeuge ihre Hände abwechselnd mit einer stoßenden Bewegung nach vorne. Nachdem sie ihre imaginären Gegner zur Aufgabe geschlagen hatten, wurden 30 weitere Kniebeugen lang die Hände auf den Kopf gelegt, bevor eine Runde Liegestützen an der Reihe war. Der magere Neuling sauste auf die Dohyo-Oberfläche und machte zehn Liegestützen mit weniger Schwierigkeiten als die meisten anderen, aber der wuchtigere Neuling hatte die spezielle Aufgabe bekommen, seine Hände gegen die erhöhte Plattform zu drücken, auf der ich saß. Er machte seine Liegestützen daher in einem 40-Grad-Winkel, aber kämpfte sogar aus dieser weniger schlechten Position gerade mal mit der fünften. Sein Oyakata kann es vermutlich nicht erwarten, ihm die Hanteln vorzustellen.

Kurz darauf öffnete sich eine Tür zu meiner rechten mit einem Quietschen, und die Deshi stimmten "Guten Morgen!"-Rufe an. Zwei Beine wie Baumstämme stampften auf dem beige-getäfelten Holzboden und trugen den wohlgeformten Torso des höchstrangigen Ringers des Stalls auf die Dohyo-Fläche. Der fragliche Ringer war Homasho, einer der am schnellsten aufstrebenden Stars des Sumo und frisch gestärkt von einem erstaunlichen Jun-Yusho im Basho davor. Sein schneller Aufstieg zum achthöchsten Rang im Sumo (Maegashira 4 West) machte nicht nur Sumofans stolz, ihn "Teraos Deshi" zu nennen, sondern hatte ihm auch schon eine Menge weiblicher Bewunderer eingebracht. [Tatsächlich hatte er es schon auf das Titelblatt von Hanaki Dosukois Buch, Kawaii (Schnuckeliges) Ozumo, geschafft.] Die lebhafte – aber sehr gezwungen wirkende – Begrüßung und sein Status als einziger Shikoroyama-Sumotori, der einen weißen Trainingsmawashi tragen darf, zeigte wie exponentiell schnell seine Bedeutung im Heya in letzter Zeit gewachsen war. Er wurde nun von zwei Tsukebito bedient, von denen einer bereitwillig zum Wassereimer flitzte, um seinem Vorgesetzten etwas zu Trinken zu bringen. Als er das tat, ging Homasho weit nach links im Raum, um still leichte Shiko zu üben, während er die Übungen seiner mehr schwitzenden Kollegen überwachte.

Defensives Sumo war das nächste Lernziel, bei dem die jüngeren Deshi rückwärts um den Dohyo herumgingen. Diese Übung hilft den Sumotori, einen automatischen Richtungssinn innerhalb der Strohbündel zu entwickeln, und kann in der Hitze eines Turnierkampf zu spektakulären Ergebnissen führen, wenn sich Ringer am Rand der Tawara in unglaublicher Geschwindigkeit rückwärts bewegen. Während diesem Teil des Training betraten zwei jungen Frauen um die 20 Jahre das Heya und begannen, die Geschehnisse gespannt zu beobachten. Ich traute mich nicht zu fragen, ob sie Freundinnen von Sumotori, Töchter einer Koenkai-Mitglieds oder hingebungsvolle Fans waren. Kurze Zeit später gesellte sich ein Mann von etwa 35 Jahren zu ihnen, der mutmaßlich Trost darin fand, seine Zeitung in einer Sumo-Umgebung zu lesen, bevor er zur Arbeit ging.

Während sich die Zuschauerzahl vervierfachte, wurden die Rückwärtsbewegungen mit einer Partnerübung verbunden. Drei Paar Sumotori nahmen Positionen an der Tawara ein, bei denen sie sich gegeüberstanden. Ringer A legte eine Hand auf jede Schulter von Ringer B, drückte dagegen und ging mit bedächtigen Schritten vorwärts. Ringer B hielt leicht dagegen, aber war auf dem Rückzug wie in der vorherigen Übung. Die Fußbewegungen der Paare sollten koordiniert ablaufen, so dass A's linker Schritt nach vorne im Gleichklang mit B's rechtem Schritt nach hinten war. Man kann offen sagen, dass einige Paare ihre Bewegungen deutlich besser koordinierten als andere. Während der gesamten Dauer dieser langen Übung blieb Homasho ungerührt, seine ruhigen Shiko wurden nur hie und da von einem Schluck aus einer der vier Wasserflaschen unterbrochen, die vor mit stande. Links neben diesen Flaschen lag die vergoldete Form eines Eberkopfs, das Zeichen für das Jahr des Schweins.

Gegen 7:30 wurden einige Strohbesen aus dem Schrank neben Homasho geholt, und der sandige Ring wurde von den jüngeren Deshi gefegt und für Suri-Ashi vorbereitet. Diese Übung soll die Vorwärtsbewegungen der Ringer verfeinern und sie hoffentlich auf das legendäre Oshitaoshi vorbereiten, das Zabutons zum Fliegen bringt. Die Deshi bildeten zwei Linien, die im rechten Winkel zueinanderstanden, und durchquerten den Ring auf verschiedene Arten. Zu Beginn kauerten sie sich zusammen, führten einen angedeuteten Tachiai aus und durchquerten den Ring dabei in einer geraden Linie. Dann veränderten sie einen Tachiai nach links in einen Angriff von rechts. Danach stellten sie sich vor, wie sie mit einem gegnerischen schlauen Schritt zu Seite umgehen würden und führten eine geraden Angriffssatz mit anschließender Drehung an der Tawara aus. Zum Schluß führten sie im Ring fünf wellenförmige Bewegungen aus, zuerst ein gerader Angriff und dann zweimal der Wechsel zwischen rechts-links und links-rechts.

Das Suri-Ashi wich bald der Verbesserung der Yorikiri-Bewegungen. Wieder bildeten die Ringer zwei Linien im rechten Winkel, bewegten sich dieses Mal aber langsamer durch den Dohyo und wuchteten ihre Masse im Wechsel auf Zehen und Fersen durch den Ring. Ein so deutliches Abschaben der Sohlen am Lehm wurde als zu viel angesehen, um von dem runden, jungen Deshi bewältigt zu werden, und ihm wurde gesagt, er sollte mit betonten Schritten weitermachen.

Die Besen kamen dann wieder zum Vorschein, um den Sand näher an der Mitte des Dohyo zu fegen und die nächste Phase der Fußabhärtung einzuleiten: Butsukari-Geiko. Homasho wasserholender Tsukebito, ein Sandanme-Sumotori namens Tomishima mit Pickeln im Gesicht, stand bei den Shikiri-Sen und forderte einen größeren Deshi heraus, ihn aus einer hockenden Position heraus und mit voller Kraft anzuspringen. Um seinen Kollegen zu motivieren, schrie Tomishima, als er den Deshi zum Angriff mahnte. Der Deshi gehorchte, verpasste Tomishimas schwabbeliger Brust einen bösen Schlag und ließ Homashos Tsukebito an den Rand des Rings rutschen. Das Geräusch des Zusammentreffens war laut, aber verblasste zur Unkenntlichkeit nach den mächtigen Pengs, die eine Stunde später zu hören waren, als Homasho so wild auf Tomishima losging, dass letzterer sich instinktiv wegdrehen wollte. Die Kraft hinter Homashos Angriff war so stark, dass der Rücken des Helfers oft mit der Wand sechs Meter hinter ihm Bekanntschaft machte.

Nach dem Butsukari-Geiko kam die Tsukidashi-Trainingseiheit. Teraosho, einer der runderen Deshi auf Jonidan 89 Ost, besetzte die Mitte des Dohyo, streckte seine geschwollenen Arme aus und lud eine Reihe Kollegen ein, sich dabei abzuwechseln, ihn mit einer "Tsuki"-Stoßattacke an den Oberkörper aus dem Ring zu werfen. Hier wurde der Unterschied zwischen etablierten Sekitori und den Neulingen am grausamsten deutlich. Der magere Neuling traf Teraoshos Brust überhaupt nicht, schlug in die Luft und bekam einen Rüffel dafür, dass er seinem Partner fast das Auge ausgestochen hätte. In der Zwischenzeit schien der gewichtigere Neuling trotz all seiner Masse furchtbar wenig Stoßkraft zu haben und brauchte vier Versuche, um Teraosho nur zu bewegen, geschweige denn ihn aus dem Ring zu wuchten. Er und sein unerfahrener Freund verbrachten die restliche Übungszeit damit, einen schweren Reissack zwischen sich hin- und herzuwerfen, in der Hoffnung, so die nötige Kraft in Armen und Beinen aufzubauen, um in Zukunft überzeugendere Tsuppari-Attacken zu liefern. Homasho begann in der Zwischenzeit, mit schweren Gewichten zu arbeiten, und übte Angriffsbewegungen mit einer Hantel in jeder Hand.

Um 8:05 verließen zwei Deshi die Trainingsrunde, um zum Kokugikan zu ihren morgendlichen Kämpfen zu gehen. Als sie das taten, wurde der Ring mit dem Verstreuen von Salz für die ersten Übungskämpfe des Tages gereingt, die zwischen Teraosho und einem genauso molligen Gegner stattfanden. Teraosho begann vorzüglich und gewann vier der ersten fünf Kämpfe, schien dann aber spektakulär abzubauen (vielleicht wegen seines schlechten rechten Fußes?) und verlor vier in Folge. Tomishima betrat dann das Kampfgebiet und fertigte ihn in ähnlicher Weise ab. Die beiden letzten Siege waren vor den bebrillten Augen des Oyakata, der bei seiner Ankunft um 8:15 in einem grünen Trainingsanzug genauso begeistert empfangen wurde wie Homasho.

Mitten unter der morgendlichen Begrüßung hockte sich Shikoroyama auf das Zabuton, das einiger Meter vor meinem vorsichtig hingelegt wurde. Seine überragende Präsenz beflügelte die Deshi, in ihren Trainingskämpfen härter zu arbeiten; ihre Grunzer wurden mit jedem Kampf lauter. Um den Oyakata daran zu erinnern, dass er schon eine Zeitlang gekämpft hatte, fragte Tomishima Teraosho laut, ob es ihm nach den vielen Kämpfen noch gutgehe. "Ich fühle mich gut!" war die zuversichtliche Antwort, bevor jeder auf dem kürzesten Weg nach dem Gürtel des Gegners griff. Teraoshos Kondition war aber der von Homashos Tsukebito deutlich unterlegen. Letzterer gewann den Kampf ohne Mühe und überließ es dem ersteren, den Oyakata nervös nach der Niederlage anzublinzeln. Der Oyakata schien nicht allzu beeindruckt, sondern wandte seine Aufmerksamseit sofort dem nächsten Übungskampf zu, der von Tomishima mit einer Tsuppari-Attacke gewonnen wurde, die Erinnerungen an Terao weckte.

Es war nicht zu schwer zu erraten, auf wen – neben Homasho – Shikoroyama seine Hoffnungen setzte. Der 20-jährige Tomishima war im Zentrum praktisch jeder Übung und erwies sich als schwer entfernbar aus der Siegerecke in den Moshi-Ai (Gewinner bleibt)-Kämpfen. Als seine Tsuppari nachließen, kämpfte er tapfer am Mawashi und erhielt dafür herzliche Anfeuerungsrufe von Shikoroyama und Homasho. "Benutze Dein Bein!" beschwor der Oyakata während des längsten Kampfes des Tages, in dem Tomischima schließlich triumphierte. Das war die einzige technische Anweisung, die Shikoroyama für angebracht hielt, sie ihm zu geben. Der Oyakata zog den jungen Thronanwärter aber zu einer langen Diskussion über eine andere Sache an die Seite. Er konnte sich offenbar nicht daran erinnern, dass Tomishimas Handgelenk am Vortag bandagiert wurde und beschloss daher, ihn ordentlich zu untersuchen.

"Du hast es bandagiert", begann er, fast ungläubig.

"Ja!" rief der junge Schützling wie ein einfacher Soldat, der seinem Hauptmann Meldung macht.

"Wirklich?" fragte der Oyakata.

"Ja!"

Als Antwort auf eine Handbewegung seines Stallmeisters hielt Tomishima seinen Arm zu Untersuchung hin. Der Oyakata befühlte die Bandage, stupste auf etwas und bemerkte: "Es tut also hier weh?"

"Ja!" jaulte der junge Schützling, entweder aus unbedingtem Gehorsam oder aus Schmerz.

Es ist nicht überraschend, das Shikoroyama besonderes Augenmerk auf die Handgelenke seiner Deshi legt. Teraos Handgelenke hatten praktisch die Verantwortung für seine gesamte Karriere, und mussten in fast 2.000 Kämpfen Tsuppari ausführen. Es wird berichtet, dass ein Doktor ihn kurz vor seinem Rücktritt informierte, dass er in der höchsten Division des Sumo effektiv mit den Handgelenken einer 80 Jahre alten Frau kämpfte (und immer noch gewinnen konnte). Kein Wunder also, dass den Oyakata akute Skepsis befällt, wenn jemand sich über kleinere Handgelenksprobleme beklagt! Es war auch interessant zu sehen, dass die Bandage um Tomishimas Handgelenk beim Training am darauffolgenden Morgen verschwunden war.

Die Untersuchung wurde beendet, die Kämpfe wieder aufgenommen, und Tomishima überkam leicht welchen Schmerz auch immer, um in praktisch jedem Kampf zu triumphieren. Ein Kampf ärgerte Shikoroyama besonders. Trotz des Beharrens, er "fühle sich gut", sah Teraosho ganz anders aus, und nachdem er wieder einmal so aussah, als wäre er es nicht wert, sich das Teraos Shikona zu leihen, brachte er seinen Trainer dazu, ein Trommelfeuer an Anweisungen zu bellen, während er kämpfte. Nach der etwa zehnten Niederlage nahm ihn der Oyakata zur Seite und wies ihn an, das rechte Bein nicht so weit vom Körper weg zu platzieren. Shikoroyama zeigte die richtige Bewegung des Beins und wies seinen Deshi an, es mehrmals zu üben, bevor er wieder an den Moshi-Ai teilnehmen würde. Er setzte sich dann wieder hin, wandte sich an den japanischen Zuschauer mit der Zeitung und bat mit Erfolg darum, sich die Sumoseiten leihen zu dürfen. Im sicheren Wissen, dass Homasho keine Anweisungen benötigen würde, wie er seinen Tsukebito verprügeln könnte, sah Shikoroyama nach, ob die Presse irgendwelche Tips hatte, wie Homasho am Tag zuvor Kokkai überzeugender hätte schlagen können.

Zu der Zeit waren, zwischen dem schweren Atmen und tiefen Keuchen, die beiden jüngsten Deshi von dem fliegenden Reissack ans Ende ihrer Kräfte gebracht worden und machten nur noch Shiko. Alle paar Minuten drehten sie sich unsicher zu ihrem Stallmeister, als erwarteten sie, dass er sie ermahnen wollte. Als er von seiner Zeitung aufsah, waren ihre Erwartungen grundlos. "Das war gut für heute. Zieht Euch um", sagte er, während er sich rieb, worauf die Neulinge nach ihren Handtüchern griffen und in die Umkleideräume huschten.

Zwanzig Minuten später zeigte ein Blick durch die Schiebetüren, dass sie damit beauftragt worden waren, die erste Mahlzeit des Morgens zuzubereiten. Dabei muss der Oyakata ordentliches Vertrauen in die Aufsichtsfähigkeiten des Stallkochs haben, einem gut gebauten Mittzwanziger, dessen weißes T-Shirt die Worte "Love and Peace" (Liebe und Frieden) schmückten. Ich bewunderte, wie scheinbar selbstverständlich Shikoroyama die Zubereitung seines Essen zwei Teenagern anvertraut hatte, die kaum einen Reissack fangen konnten. Auf der anderen Seite – auch wenn die Neulinge es vielleicht nicht gerne hören – könnten diese spontanen Kochkurse der größte Gefallen sein, den ihnen das Sumo jemals tut. Sollten sie dabei scheitern, in die Elite aufzusteigen, die regelmäßig in den bezahlten Rängen des Sumo ist, erwerben sie hier eine sehr nützliche Fähigkeit, die ihnen nach dem Sumo einmal den Lebensunterhalt sichern kann.

Während die Neulinge debattieren, wer welche Zutaten schneiden soll, fragt man sich, wie sie ihre Situation im Moment wahrnehmen. Wie weit werden sie ihre ehrgeizigen Wünsche bringen? Wie sehr sehnen sie sich nach dem Tag, an dem es ihnen nicht mehr verboten ist, die Übungen mit voller Kraft mitzumachen? Mit wieviel Angst blicken sie auf die Aussicht auf Spagate und Kampfabhärtung? Wie können sie hoffen, es Homasho gleichzutun? Und, obwohl sie den Oyakata als eine Autoritätsperson respektieren, wissen sie überhaupt, was für ein berühmter Kämpfer er wirklich war? Von dem Prestige, das kommt, wenn sie sagen und wissen, dass sie von ihm trainiert wurden? Von der legendären Fukuzono-Familie, die Traditionen weitergibt, die nun sie erben und weiterführen sollen?

Als die Möchtegernstars von morgen in der Küche wuseln, leitet ein Star von heute das Morgengebet, das zehn Minuten Trainingsausklang folgt. In Abwesenheit seines Oyakata, der wieder in seine Räumlichkeiten zurückgegangen war, erhebt sich Homasho, verbeugt sich, klatscht in die Hände und presst die fleischigen Handflächen ein zweites Mal zusammen. Sein Tsukebito und die anderen Deshi folgen dem Beispiel. Man hofft, dass die sowohl für ihre eigenes Wohlergehen als auch besonders dafür beten, dass die beiden freundlichen Seelen im Küchendienst nicht zu mutlos werden im Verlauf des langen, harten Sumojahres 2007.





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