Amateur-Ecke #6
Das ist die Zeit...

von Howard Gilbert

Da die Amateursumo-Welt aus dem Winterschlummer der Nördlichen Halbkugel erwacht, können wir in den nächsten Monaten eine Menge mehr Action erwarten. Ja, die „Saison“ für Amateursumo findet in den meisten Ländern im nächsten halben Jahr statt. Die japanischen Turniere werden reichlich und schnell auf uns zukommen, da das neue Uni-Jahr in diesem Monat beginnt, und die Höhepunkte sind die University Championships im November und die All-Japan Championships im Dezember. International wurde bisher eine Handvoll Turniere in Europa veranstaltet, die US Open gingen gerade zu Ende und die Oceania Sumo Championships werden im Moment des Niederschreibens dieses Artikels entschieden. Der Höhepunkt des internationalen Amateursumo werden natürlich die Sumo World Championships Mitte November sein, die dieses Jahr in der Stadt Lausanne in der Schweiz ausgetragen werden, am Ufer des Genfer Sees.

Solche Aktivitäten sind aufregend für die von uns, die daran beteiligt sind, und für die, die Fans des Amateursumo sind. Dabei nehmen die Amateur-Ecken eine etwas andere Gestalt an als andere Artikel: Statt über ein einziges Thema zu berichten, werde ich nach vorne blicken, was dieses Jahr für uns bereithält. Man könnte das als Saison-Vorschau sehen, obwohl ich nicht so vermessen sein werde und die Gewinner der Turniere tippen werde! Lasst uns in die Glaskugeln blicken!!

Über das Osterwochenende waren die US Open in Los Angeles zu Gast, die größte Amateursumo-Veranstaltung des Jahres in Nordamerika. Athleten aus den gesamten USA trafen auf eine internationale Truppe aus Bulgarien, Italien, Norwegen und der Mongolei. Auf dem Dohyo wurden die Kämpfe von den mongolischen Athleten dominiert, was auch die Position dieses Landes im professionellen Sumo widerspiegelt. Die Titel aller vier Männer-Divisionen und die Titel des Schwergewichts und der offenen Klasse der Damen werden beim Rückflug im mongolischen Handgepäck sein. Diese Ergebnisse zusammen mit der Vorstellung, die sie letztes Jahr in Osaka lieferten, legen nahe, dass die Mongolen in Lausanne eine Macht sein werden, mit der man rechnen muss. Aber sie sollten ihre Visa-Anträge frühzeitig einreichen, oder sie können nicht teilnehmen, wie es 2004 in Riesa (Deutschland) passierte.

Nach der Aufruhr 2006, mit dem Aufstieg und plötzlichen Fall der World Sumo League (WSL) in Nordamerika, ist es interessant zu sehen, dass “abtrünnige” WSL-Athleten wie der Bulgare Petar Stoyanov oder der Norweger Hans Borg an diesem Turnier teilnahmen. Da diese Athleten von der Teilnahme an der Sumo World Championships 2006 von der International Sumo Federation (ISF) ausgeschlossen wurden, ist noch abzuwarten, ob sie wieder an dem Hauptturnieren der ISF teilnehmen dürfen. Die Amateursumo-Gemeinde wartet ab, ob ihnen nach der einjährigen Sperre vergeben wird, oder ob sie das Schicksal erwartet, nur dort und dann aufzutreten, wo sie willkommen sind und ihr Land nie wieder in zukünftigen Sumo World Championships repräsentieren zu dürfen.

Während ich diese Zeilen schreibe, enden die Oceania Sumo Championships in der Hauptstadt von Neuseeland, Wellington. Die Region Ozeanien hatte ihre Mühen in den letzten paar Jahren mit nur drei aktiven Ländern und nur einer Handvoll Athleten bei den Veranstaltungen. 2007 stehen die ozeanischen Länder vor der Herausforderung, ihre Teams in die Schweiz zu schicken – die Sumo World Championships in Japan in den letzten Jahren belasteten das Konto nicht so sehr, aber der Weg nach Europa wird ihre Fähigkeiten, genügend Mittel zu sammeln, auf eine echte Probe stellen.

Australien sendet seine Veteranen John Traill und Rowan Klein nach Wellington. Diese beiden Athleten haben in den letzten Jahren gegen die besten der Welt gekämpft, und sie hatten auch persönlich Erfolg in Osaka im letzten Jahr. Aber beide Männer gehen auf das Ende ihrer Karriere zu, und die Zuschauer in Australien schwanden, seitdem ich Ende 2003 das erste Mal dort war. Die neu gewählte Präsidentin des OzSumo, Katrina Watts (ein Name, der vielen noch aus ihrer Zeit als NHK-Kommentatorin bekannt sein dürfte), steht vor der Herausforderung, den Sport in Australien bekannter zu machen und neue Athleten für das Amateursumo zu gewinnen.

Die Gastgeber aus Neuseeland werden sehr zufrieden sein mit 2006. Obwohl das erste Team im Vergleich zu 2005 kleiner war, lag das teilweise an der Verletzung von Bill Perenara. Er ist zurück und wird dieses Jahr mit seinem Bruder Andrew das neuseeländische Team anführen. Diese beiden populären Athleten werden sich Mühe geben, das neuseeländische Juniorenteam anzuleiten, dass sich so erfolgreich in Rakvere (Estland) geschlagen hatte. Die Herausforderung für das neuseeländische Sumo und die jungen Athleten ist es nun, auf den zweiten und dritten Plätzen aufzubauen, die sie im Schwergewicht und in der offenen Klasse erreichten. Es ist wichtig, dass solche und andere vielversprechende Athleten mit dem Sport weitermachen und gegen ältere Konkurrenten antreten. Tatsächlich ist das eine Herausforderung, der jeder nationale Verband im Amateursumo gegenübersteht.

Letztes Jahr in Osaka schickte Tonga zum ersten Mal seit Jahren ein Erwachsenen-Team. Vorher konzentrierten sie sich darauf, ein Team zu den Junior World Championships jedes Jahr in Tokyo zu schicken, aber da 2006 die Junior World Championships in Estland stattfanden, war es leichter und billiger, ein Team nach Osaka zu schicken. Da dieses Jahr Lausanne der Gastgeber ist, wird es ein finanzieller Kampf für Tonga, ein Team auf eine so weite Reise zu schicken. Aber es wäre eine Schande, denn ihre beiden Männer lieferten 2006 erstaunliche Ergebnisse. Unglücklicherweise nimmt Tonga nicht am Ozeanien-Turnier teil, da sie zur Zeit zu wenige passende Athleten haben.

In Europa bedeutet der Frühling ebenfalls, dass die Sumoathleten aus ihrem Wintersclaf erwachen, auch wenn ein oder zwei Turniere bereits im Spätwinter abgehalten wurden. Die Top-Athleten trainieren auf die European Championships im Juni in Budapest. Zwischenzeitlich gibt es einige Turniere, zum Beispiel in Österreich oder Bulgarien, in denen sie sich einstimmen können. Aber der Hauptteil ihrer Arbeit wird in den Krafträumen und den Turnhallen ihrer Heimatländer gegen ihre Teamkollegen erfolgen. Im August wird ein neues Turnier auf dem europäischen Kalender in der Ukraine stattfinden. Kiew wird der Gastgeber der ersten European Games sein, eine Veranstaltung, die eine Woche lang eine Reihe nicht-olympischer Sportarten zusammenbringen wird. Die Sumo-Wettkämpfe werden eine Veranstaltung für eingeladene europäische Athleten sein, aber Details sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt. Ich hoffe, dass ich in den zukünftigen Ausgaben mehr darüber berichten kann.

Wie ich schon die ganze Ausgabe über bemerkt hatte, wird die größte Veranstaltung im europäischen Amateursumo dieses Jahr die Sumo World Championships in Lausanne sein. Diese Stadt in der Schweiz ist auch Heimat des Olympischen Museums, also wird das Turnier dieses Jahr die Verkörperung des zukünfigen olympischen Strebens des Amateursumo an dem genau Ort sehen, der die Heimat der olympischen Bewegung ist. Daher könnte diese Veranstaltung eine wichtige Symbolwirkung für die Zukunft des Sports haben. Von wahrscheinlich gleicher Wichtigkeit ist die ab 2007 erwartete Verschmelzung der 8. Junior World Sumo Championships, der 15. World Sumo Championships und der 6. Shinsumo World Championships in ein Turnier an einem Ort. Dies ist auch das übliche Format für die European Championships.

Die Vorteile, alle World Championships an einem Ort zu kombinieren, sind vielfältig. Zuerst einmal bietet es ökonomische Vorteile für die nationalen Verbände (sowohl die teilnehmenden als auch die ausrichtenden). Zum zweiten gibt es den Junioren die Möglichkeit, die Turniere der Erwachsenen besser kennenzulernen mit dem zusätzlichen Vorteil, dass sie mühelos eine Stufe weiterrücken können, wenn sie dazu bereit sind. Durch die Kombination der Championships müssen die Trainer der Junioren nicht zwei internationale Reisen im Jahr machen, und können sich daher die Teilnahmekosten leichter leisten. Zu guter Letzt könnten das Junioren-Turnier der Jungen gleich neben den Männer- und Frauenwettbewerben die Einführung eines Mädchen-Wettbewerbs bei den Junior World Championships beschleunigen. Mehrere Länder und Delegierte, mich eingeschlossen, drängen die International Sumo Federation, diesen Schritt zu erwägen. Obwohl es unwahrscheinlich ist, dass dies 2007 passieren wird (die ISF hat vorgeschlagen, dass es nach den 10. Junior World Championships passieren könnte), wäre es doch sehr passend, wenn die Heimat der olympischen Bewegung Einfluss darauf hätte, dass mehr Gleichheit in diesem Sport herrscht.


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